Epidemiologisches Bulletin veröffentlicht

Mehr HIV-Neudiagnosen für das Jahr 2014 gemeldet. Das Robert-Koch-Institut (RKI) verzeichnet einen Anstieg von 7 Prozent. Wichtig: Neudiagnosen nicht mit Neuinfektionen verwechseln.

Im Epidemiologischen Bulletin 27/2015 des Robert-Koch-Institutes werden 3.525 Neudiagnosen angegeben – dies entspricht 7 Prozent mehr als 2013. Zum Verständnis muss angeführt werden, dass ein Rückschluss auf das Infektionsgeschehen in Deutschland nur schwer möglich ist. HIV-Neudiagnosen dürfen nicht mit der Zahl der HIV-Neuinfektionen verwechselt werden. Die Zahl gibt lediglich an, wie viele Menschen erstmals HIV-positiv getestet wurden. Zwischen einer HIV-Infektion und der Diagnose der Infektion liegt ein individueller Zeitraum. Testverhalten, Testangebote und andere Faktoren beeinflussen die Zahl der HIV-Neudiagnosen.

Holger Wicht von der Deutschen Aids-Hilfe untergliedert die Zahlen wie folgt: “2.864 Neudiagnosen entfallen auf Männer (+6%), 659 auf Frauen (+11%), zwei Diagnosen lassen sich keinem Geschlecht zuordnen. In der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben, stieg die Zahl der Neudiagnosen von 1752 auf 1904 (8,6%), bei Heterosexuellen von 598 auf 780 (30,4%). Bei den Menschen, die sich Drogen injizieren, gab es einen Anstieg von 101 auf 111. Die Zahl der Neudiagnosen ohne Angabe zum Übertragungsweg ging von 816 auf 705 zurück.”

Gründe für einen Anstieg der Zahlen liegen zum einem bei einer erhöhten Nachfrage von HIV-Tests bei Ärzt*innen und Laboren. HIV-positive Ergebnisse fließen dann als sichere Erstdiagnosen in die Statistik. Zum anderen stellt das RKI klar heraus: 2014 gab es mehr Erstdiagnosen. Zwei Personengruppen verzeichnen Anstiege. Holger Wicht erklärt dazu: “Ein großer Teil von ihnen [also den Menschen, die erstmals HIV-positiv getestet wurden] stammt aus Ländern, in denen HIV besonders häufig ist; die Übertragung hat meist im Herkunftsland stattgefunden. Hier spiegeln sich steigende Flüchtlingszahlen in den HIV-Diagnosezahlen. Dies erklärt auch den verhältnismäßig starken Anstieg in der Gruppe der Heterosexuellen. Bei der Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), geht das RKI ebenfalls von einem echten Anstieg der Neudiagnosen aus.”

Ein interessantes Ergebnis zeigt sich aus den Erhebungsbögen, die bei der Testberatung erstellt werden. MSM berichten häufiger von einem negativen HIV-Testergebnis innerhalb der letzten 23 Monate. Das RKI deutet die Daten in zwei Richtungen. Entweder viele MSM sind sich Risikosituationen bewusst und nutzen zeitnah Testangebote oder Empfehlung zu regelmäßigen HIV-Tests werden angenommen. Ob die Zahl der Neuinfektionen in dieser Gruppe wirklich gestiegen ist, wird im November beantwortet. Das RKI veröffentlich dann auf Basis weiterer Berechnungen die Schätzung der HIV-Neuinfektionszahlen.

Regionale Verteilung der HIV-Neudiagnosen

Bei der Betrachtung der absoluten Zahlen zeigt sich, dass in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen gefolgt von Bayern und dem Stadtstaat Berlin die meisten Menschen mit einer HIV-Neudiagnose konfrontiert wurden. Zur Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern bedienten sich die Statistiker des Robert-Koch-Institutes einer epidemiologischen Maßzahl, der Inzidenz. Die Inzidenz ist die Anzahl der Neudiagnosen einer bestimmten Infektion (HIV), einer Bevölkerungsgruppe mit definierter Größe (pro 100.000 Einwohner*innen) innerhalb eines definierten Zeitraumes (2014).

Bundesweit wird für 2014 eine Inzidenzrate von 4,4 angegeben. Die Zahl ist höher als der Median der letzten fünf Jahre. Im Schnitt lag die Inzidenzrate zwischen 2009-2013 bei 3,5. Folglich stiegen auch die Inzidenzraten für einzelne Bundesländer (im Besonderen: Mecklenburg-Vorpommern (3,9), Sachsen-Anhalt (3,8), Bayern (4,7) und Sachsen (4,2)). Die höchsten Inzidenzen an HIV-Neudiagnosen zeigten sich in den Stadtstaaten (Berlin (12,9), Hamburg (11,6), Bremen (6,8)).

Das Robert-Koch-Institut richtet den Fokus auch auf die Entwicklung in den neuen Bundesländern: “Einige der neuen Bundesländer (Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt) weisen inzwischen eine höhere Inzidenz als einige der alten Bundesländer (Saarland, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen) auf und befinden sich nun im mittleren Bereich der Inzidenzrangfolge der gesamten Bundesländer.”

Abschließend stellt das RKI heraus, dass sich aktuell kein nennenswerter Rückgang der Neuinfektionen in Deutschland zeigt.

Mit Teilen aus dem Epidemiologischen Bulletin 27/2015 und Aktuelles DAH / Holger Wicht: Robert-Koch-Institut verzeichnet mehr HIV-Diagnosen; cw

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