Orgasmus

Der Orgasmus ist der Höhepunkt sexuellen Lustempfindens.

Bei sexueller Aktivität steigert sich die Durchblutung der Geschlechtsorgane und es kommt zu unwillkürlichen Muskelkontraktionen, in denen sich sexuelle Spannung entlädt. Danach entspannt sich häufig der gesamte Körper.

Psychisch wird sich steigernde sexuelle Lust unterschiedlich in Sprache gebracht: als Ekstase, als Rausch, als Überwältigt-Sein, als Baden in Lebensenergie, als vollkommene Befriedigung, als Wonne, als letzte Süßigkeit, als Zauber, als Welle, als Eruption

Die neuronale Aktivität im Gehirn ist äußerst hoch (“neuronales Feuerwerk”) und das Schmerzempfinden deutlich herabgesetzt. Da das Sexualzentrum sich in den phylogenetisch älteren Teilen des Zentralnervensystems befindet, ist die Aktivität des Großhirns als wertende Instanz wesentlich geringer als im Normalzustand. Menschen sind dann für Reize empfänglich, die sie sonst vielleicht eher ablehnen oder als unangenehm empfinden.

Männer und Frauen

Die Paarbildung unter den Menschen begünstigt die Möglichkeiten zum wiederholten Geschlechtsverkehr und damit eine partnerschaftliche Bindung, die zur Wiederholung einlädt, das gegenseitige Vertrauen stärkt und die Lust steigern kann.

Männer und Frauen haben gleichermaßen die Fähigkeit zum Orgasmus und es spielen sich sowohl ähnliche als auch verschiedene physiologische, hormonelle und psychische Prozesse ab: Bei beiden Geschlechtern kommt es zur Ausschüttung des Hormons Oxytocin und damit zu einer deutlichen Körperentspannung. Beim Orgasmus werden über 500 Muskeln beansprucht und bis zu 300 kcal verbrannt.

Der männliche Orgasmus wurde früher mit der Ejakulation gleichgesetzt. Beides sind jedoch zwei unterschiedliche neurophysiologische Vorgänge, die nicht unbedingt parallel ablaufen und sich auch nicht bedingen.

Der Orgasmus der Frau geht von der Klitoris aus, dem nervenreichsten Zentrum sexueller Erregung. Empfindungsfähigkeit und Lokalisierung der Empfindungen unterliegt häufig lebenszyklischen Schwankungen. Beim weiblichen Orgasmus werden Sexualsekrete abgesondert, die die Gleitwirkung für das männliche Sperma verstärken können. So fördern auch die weiblichen Sekrete die Befruchtung (“weibliche Ejakulation”).

Die bewusste Steuerung des Orgasmus macht das “Liebesspiel” zwischen zwei Partnern aus. Mit zunehmender Erfahrung kann der Orgasmus hinausgezögert und dann umso intensiver erlebt werden. Es muss nun nicht bei jedem Geschlechtsverkehr zum Orgasmus – zu den allerschönsten, hochfliegenden Empfindungen – kommen. Viele Untersuchungen zeigen, dass besonders Frauen keine regelmäßigen Orgasmen haben und der Druck, es müsste doch funktionieren, die Hingabe erst recht verhindert.

Orgasmusfähigkeit und Lustangst

Problematisch wird es dann, wenn gar keine “orgastische Potenz” vorhanden ist und die Frau (oder der Mann) darunter leidet. Der Begriff der orgastischen Potenz geht auf Wilhelm Reich zurück, der 1927 seine erste Monografie zum Thema “Die Funktion des Orgasmus” schrieb (ein Klassiker – sehr lesenswert!).

Die Orgasmusfähigkeit war für Wilhelm Reich das entscheidende Kriterium für psychische Gesundheit. Er arbeitete mit seinen Patienten deshalb an der Fähigkeit, den Orgasmusreflex zuzulassen. Das allerdings bedeutete, den Widerstand, den Charakter und den gesamten Körper in einen therapeutischen Prozess einzubeziehen. Häufig ist bei ihm wie bei aktuellen Körpertherapeuten die Rede von der ‚Lustangst’, die viele Menschen befallen hat. Körperlich gespeicherte Lustangst macht irgendwann lustunfähig.

Es gibt dabei einen deutlichen Bezug zur Erziehung. Wem die Lust am Leben immer wieder – und sei es in kleinen Portionen – ausgetrieben wurde („Übermut tut selten gut”), der hat im erwachsenen Leben Mühe, spontan und lustvoll zu sein. Das hat auch Auswirkungen auf das sexuelle Erleben. Man kann sich aber Hilfe holen, im sozialen Netzwerk und bei Therapeuten. Wichtig ist die Bereitschaft zur persönlichen Öffnung und zum Gespräch.

Dr. Sabine Stiehler

weiterführende Literatur:

Susan Bakos: Sex-Geheimnisse für den ultimativen Lust-Trip. Goldman Verlag München 2002

Wilhelm Reich: Die Funktion des Orgasmus. Kiepenheuer&Witsch Köln 1969

weiterführende Links:

http://www.gesund.co.at/gesund/Lust_Liebe/Lust_Liebe_maennlicher-Orgasmus.htm

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