Heirat

Die Heiratsneigung hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Waren vor 30 Jahren noch über 90% der 30-jährigen Männer verheiratet, so sind es heute kaum 20%. Die meisten Männer heiraten spät – oder nie. Wie viele Männer ehelos bleiben, lässt sich nicht sagen. Sicher ist nur, dass immer weniger geheiratet wird. In Deutschland ist die Zahl der Eheschließungen ständig gesunken – 1950 gab es noch 11 Hochzeiten je 1.000 Einwohner, heute sind es kaum 5.

Heiratsalter und Altersunterschied

Das durchschnittliche Heiratsalter ist in den letzten Jahren stetig gestiegen, in den neuen Bundesländern sprunghaft nach 1990. Zu DDR-Zeiten wurde bekanntlich früh geheiratet. Heute heiratet kaum jeder zehnte Mann unter 25 Jahren. Die meisten jungen Männer scheuen eine feste Bindung, v. a. um auf dem Arbeitsmarkt flexibler und auch sonst freier zu sein. Sie wollen beruflich, gesellschaftlich und materiell gesichert sein, bevor sie eine Ehe eingehen. In Sachsen lag das durchschnittliche Heiratsalter von Männern 2005 bei 36,1 Jahren. Ledige Männer waren im Schnitt 32,1 Jahre alt, geschiedene 46,9 und verwitwete 63,0 Jahre.

Je später die Hochzeit, desto größer ist der Altersunterschied zur Braut. Bei 35- bis 40-jährigen Männern (2005 in Sachsen) haben 7% eine gleichaltrige Braut, 18% eine ältere und 75% eine jüngere. Bei 12% ist die Braut über 10 Jahre jünger, dieser Anteil steigt bei den 55- bis 60-jährigen auf 32%. Im Durchschnitt ist die Frau bei den 25- bis 30-jährigen Bräutigamen 1,2 Jahre jünger, bei den 40- bis 45-jährigen 4,1 Jahre und bei den 55- bis 60-jährigen 7,2 Jahre. Verbunden mit dem niedrigeren Sterbealter von Männern hat das zur Folge, dass mehr Frauen als Männer ihren Ehepartner durch Tod verlieren und es in Deutschland fast fünfmal so viele Witwen wie Witwer gibt.

Die meisten Ehen werden in Deutschland zwischen Deutschen geschlossen. Rund 5% aller bestehenden Ehen sind deutsch-ausländisch. Wie viele schwule Männer eine Frau heiraten, ist derzeit nicht bekannt. Zu DDR-Zeiten waren es rund 50%.

Warum noch heiraten?

Die Ehe gehört zu unseren ältesten und bedeutsamsten soziokulturellen Institutionen. Sie genießt besonderen juristischen Schutz und hat die vielfältigsten Privilegien, auch finanziell. Auch heute noch haben die meisten Menschen eine positive Einstellung zur Ehe und schließen sie meist nicht von vornherein für sich aus. Eingeläutet mit einem schönen Hochzeitsfest, heiraten auch heute junge oder schon etwas ältere Liebende noch gern, vor allem dann, wenn die Eheschließung nicht einen gravierendem Eingriff in den Lebensstil bedeutet. Frauen wollen ihren Beruf nicht aufgeben und auf die Hausfrau- und Mutterrolle reduziert werden; Männern wollen nicht nur auf die Ernährerrolle beschränkt werden und fürchten sich vor besonderen Nachteilen bei der Scheidung..

Neue Beziehungsformen

Die Bedeutung der Ehe hat sich gewandelt. Die Ehe hat längst die Funktion verloren, Sexualität zu legitimieren, insbesondere für die Frau. Sie gilt auch nicht mehr als die einzige Perspektive für die Frau, als Sicherheit und Versorgung. Sie hat nunmehr auch die Vorherrschaft eingebüßt, Partnerschaft und Familie zu definieren. Neben der Ehe sind inzwischen verschiedene Lebensformen entstanden. In den letzten 30 Jahren ist es zu einem massiven Umbruch im Beziehungsverhalten gekommen. Die Beziehungsformen differenzieren sich, das partnerschaftliche Zusammensein wird vielgestaltiger. Der erwachsene Mensch ist nicht mehr standardmäßig Ehefrau oder Ehemann.

Vergleicht man die Ehe und andere Beziehungsformen miteinander, so zeigt sich ein bemerkenswertes Bild: Hinsichtlich Liebe, sexuellem Verlangen, Aktivität und Zufriedenheit, Zärtlichkeitsaustausch, Wohlfühlen in der Partnerschaft und vielen anderen Parametern finden sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Die verschiedenen heutigen Partnerschaftsformen unterscheiden sich per se nicht nach ihrer emotionalen Qualität. Das ist bei beiden Geschlechtern und in allen Generationen so. Es kommt also nicht so sehr darauf an, welche Lebensform man wählt, sondern wie man sie lebt.

Obwohl der Anteil von Singles in unserer Gesellschaft zugenommen hat, gehören Partnersuche und Partnerfindung einschließlich der Ehe zum festen Bestandteil der individuellen Biographie und des gesellschaftlichen Lebens. Lebenszeit ist für die meisten Menschen Beziehungszeit, wobei auch ein Trend zu »partnerfreien Zeiten« inzwischen eingesetzt hat. Aber auch derzeit Partnerlose sehnen sich meist nach einer festen Beziehung.

Prof. Dr. Kurt Starke

weiterführende Links:

Einen lesenswerten Artikel über die Rolle der Sexualität in der Ehe von Prof. Kurt Starke finden Sie auf dieser Webseite:
https://www.familienhandbuch.de

In der Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) von 2001 wurden Männer hinsichtlich Ihrer Wahrnehmungen und Eistellungen im Hinblick auf Ehe und Familienplanung befragt:
http://www.bzga.de/botmed_13300027.html  → „Männer leben”

Einen Abriss über die Geschichte der Ehe gibt es hier:
http://www.d-a-s-h.org/dossier/

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