[Tipp!] Sex & Leidenschaft

Doch spätestens, wenn der Alltag Macht über Ihre Beziehung gewinnt, werden Sie sehen, dass die Leidenschaft auf der Strecke bleibt …

Kommt Ihnen diese Aussage bekannt vor? Ist es vielleicht sogar Ihre Überzeugung? Oder gibt es doch Möglichkeiten, Leidenschaft selbst in längeren Partnerschaften aufrecht zu erhalten? Es könnte ja sogar sein, dass richtige Leidenschaft nur in längeren Beziehungen entwickelt werden kann. Wie aber ließe sich soetwas bewerkstelligen – wenn es denn wirklich möglich wäre?

Wir laden Sie ein, über solche Fragen nachzudenken. Vielleicht interessieren Sie sie, weil Sie selbst in einer langen Partnerschaft leben. Vielleicht aber suchen Sie auch Argumente, die Sie endgültig von der Unsinnigkeit solch einer Partnerschaft überzeugen.

Wir möchten Sie jedoch darauf hinweisen, dass der Text etwas länger ist. Nehmen Sie sich also bitte etwas Zeit (vorgelesen dauert er 21:51 min) und lassen Sie sich auf die Gedanken des Textes ein.

Dazu bieten wir Ihnen drei Möglichkeiten.

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Sex & Leidenschaft

„Ich habe Angst, weil ich mich bestimmt angesteckt habe. Ich war auf Dienstreise in Berlin. Als ich dort abends Feierabend hatte, ging ich noch durch die Straßen, um abzuspannen. Irgendwann kam ich an einer Erotikbar vorbei. Ich bin noch nie in so was dringewesen und war neugierig. Ich gehe also rein, bin ganz aufgeregt. Einerseits war mir das unheimlich, andererseits empfand ich auch knisternde Spannung. Ich setzte mich also an die Bar. Ich saß kaum, da setzte sich eine der Frauen zu mir und sprach mich an. Ohne lange zu zögern, griff sie in meine Hose, fasste meinen Schwanz und fing an, mit mir über den Preis zu sprechen. Mich packte die Panik! Ich machte mich los und ging sofort aus der Bar. Seitdem geht es mir schlecht. Die hat doch bestimmt schon andere vor mir an diesem Abend so angefasst oder sonst was mit denen gemacht. Ich habe Angst, mich infiziert zu haben …
Ich habe auch ein schlechtes Gewissen meiner Frau gegenüber. Ich habe sie betrogen und kann sie nun auch noch infizieren. Ich weiß gar nicht, wie ich ihr noch in die Augen schauen soll …
Ja, unsere Ehe läuft gut. Wir verstehen uns gut und der Alltag ist problemlos. Nur mit dem Sex geht’s nicht. Meine Frau hat einfach keine Lust mehr. Früher war das anders. Aber nun sind wir schon sechs Jahre zusammen und da ist es doch normal, dass es nicht mehr so ist, wie am Anfang. Aber mir ist das zu wenig. Wir schlafen nur noch jedes halbe Jahr miteinander. Und auch dann gibt mir meine Frau zu verstehen, dass sie es nur wegen mir macht …
Ich liebe meine Frau, ich will sie nicht verlieren. Deshalb darf sie auf keinen Fall erfahren, was da in Berlin passiert ist. Aber ich will sie auch nicht gefährden. Ich werde so was auch nie wieder machen. Sex ist nicht so wichtig. Ich habe so ein schlechtes Gewissen …”

„Wir sind seit neun Jahren zusammen, seit sieben verheiratet. Wir haben zwei Kinder: Sieben und vier Jahre alt. Es läuft gut und die Familie macht Spaß. Ich habe im Beruf Erfolg, meine Frau auch. Auch Sex haben wir und meine Frau liebt mich. Es gibt kein Grund zur Klage …
Warum ich jetzt eine Geliebte habe? Schwer zu sagen …
Ich denke, es geht bei meiner Geliebten nur um mich. Das hat nichts mit meiner Familie zu tun. Ich brauche das zur Entspannung. Ich will mal einfach nicht gefordert sein. Meine Arbeit beansprucht mich sehr. Zu Hause sind meine Kinder da und stürmen gleich auf mich los, wenn ich komme. Es gibt immer irgendwas zu tun …
Obwohl, ich habe zu Hause auch Zeit für mich. Natürlich überlegen wir am Wochenende immer, was wir mit den Kindern tun können. Wir wollen sie auch nicht einfach vor dem Fernseher parken. Wir unternehmen was. Und, wie gesagt, es gibt immer was zu tun. Aber ich habe auch Zeit für mich. Ich kann mich mal zurückziehen. Ich vereinbare das mit meiner Frau, dass jeder von uns auch Zeit für sich hat. Darum geht es mir nicht. Was mir fehlt ist die Zeit zu zweit. Meine Frau und ich kommen nicht zusammen, einfach mal nur für uns. Klar, wir haben Sex und trinken abends auch mal ein Glas Wein. Aber es fehlt irgendwie so eine innere Verbundenheit. Es fehlt die Leidenschaft miteinander. Die ist irgendwie mit der Familie verloren gegangen …”

„Scheiße, dieses Arschloch! Der hat mir immer wieder geschworen, dass er mir treu ist. Und jetzt kriege ich raus, dass der immer wieder fremd gegangen ist. Das kotzt mich an. Was vermisst der denn? …
Ich habe immer von einer festen Partnerschaft geträumt. Ich will das nicht so, dieses Rumgeficke, wo es nur darum geht, wer mit wie vielen in möglichst kurzer Zeit rumgemacht hat. Ich bin nicht so der Typ dafür. Mir ist die Beziehung wichtig, dass man sich versteht und miteinander lebt. Dann macht mir auch der Sex mehr Spaß. Ich weiß ja auch, dass das unter uns Schwulen schwierig ist, so jemand zu finden. Aber jetzt hatte ich wirklich gedacht, dass es klappt. Wir waren richtig verliebt ineinander. Wir brauchten gar keinen anderen. Auch unsere Freunde sagten, wir sind das ideale Paar. So was findet man sonst nicht. Und nun …
Er sagt, dass er mich immer noch liebt und mit mir zusammenbleiben will. Dass das mit den anderen nur Sex war und nichts zu bedeuten hat. Ihm macht der Sex mit mir auch Spaß, aber er braucht auch den Kick mit den anderen. Er will sich begehrt fühlen und bei uns ist das immer so selbstverständlich. Außerdem wünscht er sich auch immer mal was Junges. Das ist dann geiler. Und er fühlt sich als Mann, der noch einen Marktwert hat …
Ich weiß nicht, wie das weitergehen soll. Ich werde wohl kaum mehr Vertrauen haben. Da kann mir jeder alles erzählen. Ich glaubs nicht mehr. Ich werde wohl meinen romantischen Traum begraben müssen. Die Wirklichkeit ist anders …”

Diese drei Beispiele können durch beliebige weitere ergänzt werden. Sie sind typisch für unsere Welt, unsere Zeit, für uns. Doch auch die handelnden Personen lassen sich austauschen:

  • der heterosexuelle Mann durch den homosexuellen Mann,
  • der homosexuelle Mann durch die heterosexuelle Frau,
  • der homosexuelle Mann durch den heterosexuellen Mann,
  • der heterosexuelle Mann durch die heterosexuelle Frau,
  • der heterosexuelle Mann durch die homosexuelle Frau,
  • der homosexuelle Mann durch die homosexuelle Frau,
  • Mann durch Frau,
  • Mann durch Mann,
  • Frau durch Mann,
  • Frau durch Frau.

Die Beispiele sind so typisch, dass sie die Situation vieler Partnerschaften wiederspiegeln. Und so scheint es, dass es auch für Sie, die Sie diesen Text gerade lesen, nur eine Wahl gibt:
Entweder Sie begraben Ihre Träume von einer glücklichen, leidenschaftlichen Beziehung und holen sich die Leidenschaft, das Abenteuer, den Kick woanders.
Oder Sie begraben Ihre Träume von einer glücklichen, leidenschaftlichen Beziehung und finden sich mit dem ab, was sie haben.

Also fangen Sie schon mal an, Ihre Träume zu begraben …

Die Meinung ist oft zu hören: Wir sind ja schon ein paar Jahre zusammen, da ist es nicht mehr wie am Anfang. Es scheint also normal zu sein, dass mit der Zeit die Leidenschaft aus den Beziehungen verschwindet. Die Wissenschaft gibt dieser Meinung recht.

Aus der Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Verliebtheit; Stand 6.8.2007):
„Im Gesamtkomplex Verlieben und Liebe sind Veränderungen bei Neurotransmittern und Neurohormonen gefunden worden. Das Gehirn eines Verliebten unterliegt einer gesteigerten Produktion des Belohnungs-Neurotransmitters Dopamin, der den Verliebten in die Lage versetzt, einige Anstrengungen auf sich zu nehmen, auf Essen und Trinken zu verzichten und kaum Schmerzen zu empfinden. Auch Adrenalin (sorgt für die Aufregung) tritt verstärkt in Erscheinung. Hingegen sinkt der Serotoninspiegel (Glückshormon) stark ab und dieses ähnelt dem Zustand bei einem psychisch Kranken. Das alles trägt dazu bei, dass Verliebte sich zuweilen in einem Zustand fast völliger Unzurechnungsfähigkeit befinden, sich zu irrationalen Handlungen hinreißen lassen und Hemmschwellen abbauen. Das Hormon Oxytocin, das beim Sex vermehrt gebildet wird, aber auch bei der Geburt eine wichtige Funktion hat, scheint bei der Entwicklung von engen zwischenmenschlichen Bindungen eine Rolle zu spielen. Nach einiger Zeit (1 bis 3 Monate) gewöhnt sich das Gehirn an diese Veränderungen und beendet ganz allmählich den Rausch der Sinne.”

Vielleicht hält die Leidenschaft zunächst auch noch über die Phase des Verliebtseins an. Durch den gemeinsamen Entschluss, zusammenzuziehen oder gar zu heiraten, kann das Glücksgefühl noch einmal Auftrieb erhalten, kann sich die Leidenschaft noch einmal entfachen. Denn nun werden Träume wahr …

Doch spätestens, wenn der Alltag Macht über Ihre Beziehung gewinnt, werden Sie sehen, dass die Leidenschaft auf der Strecke bleibt:

  • Die Kinder fordern ihr Recht (oder der Hund, den Sie sich angeschafft haben, weil Sie sich für Kinder noch nicht so weit fühlen – oder weil Sie keine Kinder wollen).
  • Die Arbeit schlaucht und so haben Sie abends oft keine Energie mehr.
  • Ihr Partner / Ihre Partnerin kommt auch immer wieder mit denselben Themen, die Streitereien gleichen sich und Sie erkennen so langsam, was Sie in Ihrer Partnerschaft alles nicht bekommen können.

Vielleicht argumentieren Sie, dass die Sicherheit, die Sie gewonnen haben, die verloren gegangene Leidenschaft aufwiegt. Und Sicherheit meint hier nicht nur, dass Sie sich Ihres Partners sicher sein können. Es geht auch um Vertrautheit, um das ruhige und beständige Miteinander, das so reizvoll ist nach all den unbeständigen Jahren. Auch die Botenstoffe im Hirn ändern sich. Es ist nun nicht mehr das Dopamin, das die Leidenschaft anfacht und uns in der ersten Zeit einer Partnerschaft besonders bestimmt, sondern das Serotonin, das Zufriedenheit und Geborgenheit vermittelt. Wozu da also noch Leidenschaft?

Und es gibt noch weitere, weit verbreitete Ansichten, mit denen Sie sich auseinander setzen müssen, wenn Sie Ihren Traum von einer glücklichen und leidenschaftlichen Beziehung trotz aller gegenteiligen Beispiele und Erfahrungen bewahren wollen:

  • Sex macht dann Spaß, wenn der Partner / die Partnerin jung ist. Je älter Ihr Partner / Ihre Partnerin ist, desto unerotischer ist er / sie, desto weniger attraktiv.
  • Sexuelle Leidenschaft hat auch etwas mit Appetitlichkeit zu tun! Cellulitis, dicker Bauch, Hängebusen und ein Schwanz, der nicht sofort zum Stehen kommt, wirken abregend. Natürlich können Sie auch mit solchen Menschen Sex haben. Aber Leidenschaft …?
  • Und: Die Unzufriedenheit in der Partnerschaft ist ein Zeichen, dass sich etwas ändern muss. Entweder ist es eben doch nicht „der richtige Partner” / „die richtige Partnerin”. Oder wir erkennen, dass dies normal ist und das Ideal einer monogamen Beziehung ohnehin neurotisch. Auch Sie müssen sich von der Vorstellung lösen, es gäbe DEN richtigen Partner / DIE richtige Partnerin. Auch Sie müssen erkennen, dass Sie ebenso wenig monogam sind. Das entspricht weder Ihrer noch der Natur Ihres Partners / Ihrer Partnerin.Doch es kann noch eine andere Sichtweise geben. Eine, die vielleicht Hoffnung macht?

Vielleicht sind ja all die, die aus der Beziehung ausscheren nur einfach zu faul oder zu feige, an ihrer Beziehung zu arbeiten?

  • Angesichts dessen, dass auch kinderlose Paare zumeist ähnliche Probleme mit der Leidenschaft in langdauernden Beziehungen haben, sollten Sie Ihre Frustration nicht auf Ihre Familie oder gar Ihre Kinder schieben.
  • Angesichts dessen, dass arbeitslose Paare mit viel Zeit auch nicht automatisch glücklicher sind, wird es ebenso wenig an der Arbeit liegen. Vielleicht dient vielmehr die Arbeit dazu, der Beziehung besser aus dem Weg gehen zu können.
  • Angesichts dessen, dass Ihr Partner / Ihre Partnerin einen ebenso großen Wunsch nach Leidenschaft beim Sex und in der Beziehung überhaupt in sich trägt, taugt auch er / sie nicht wirklich als Feindbild. Oder ist das bei Ihnen etwa anders?

Es kann schon sein, dass Monogamie nicht die Natur des Menschen ist, aber vielleicht ist es Ihre Partnerschaft wert, monogam zu sein?

Was also bräuchte eine Partnerschaft, damit sie es wert ist? Woher – um alles in der Welt – sollte die Leidenschaft in einer langjährigen Partnerschaft kommen? Wie kann sie erhalten bleiben?

Vermutlich geht das auch nicht, Leidenschaft in einer Beziehung über einen längeren Zeitraum wach zu halten. Aber vielleicht lässt sich Leidenschaft selbst in langjährigen Partnerschaften immer wieder entfachen?

Das ist dann selbstverständlich Arbeit. Und es müssen Gründe gefunden werden, diese Arbeit immer wieder auf sich zu nehmen. Denn das muss klar sein: Es funktioniert nicht, mal schnell so eben die Leidenschaft zu intensivieren und dann hat man wieder für längere Zeit Ruhe. Wenn Sie möglichst wenig Aufwand haben wollen, lassen Sie Ihre Beziehungsarbeit und

  • suchen Sie weiter nach „dem Richtigen” / „der Richtigen” oder
  • suchen Sie Ihre Erfüllung woanders oder
  • bescheiden Sie Ihre Ansprüche und geben Sie sich mit dem zufrieden, was Sie haben.

Was also sind Gründe dafür, die die immerwährende Arbeit an der Partnerschaft lohnenswert machen?

Zunächst erst einmal sollten Sie erkennen, dass es schöner ist, mit einer Persönlichkeit Sex zu haben. Sex hat zwar auch etwas mit Sexpraktiken zu tun, aber die werden in der Regel überschätzt. Und erzählen Sie auch nichts von der jungen Frau, die für ihr Alter doch schon so reif sei (gleiches gilt für den jungen Mann). Das mag bezogen auf ihre Altersgenossinnen gelten, aber das hat nichts mit Persönlichkeit zu tun – jedenfalls nicht der, die beim Sex entscheidend ist. Es geht um Tiefe, um Lebenserfahrung, um Sich Auskennen …

Sicher stimmt auch, dass nicht jeder Mensch jenseits der Vierzig wirklich Persönlichkeit hat. Aber das spricht nicht gegen Partnerschaft, sondern wirft nur ein Licht darauf, wen Sie sich ausgesucht haben …

Probieren Sie es aus: Schauen Sie Ihrem Sexualpartner / Ihrer Sexualpartnerin während des Orgasmus in die Augen. Was entdecken Sie dann? Wenn Sie hier Persönlichkeit sehen, könnte es der richtige Partner / die richtige Partnerin sein, auch wenn er / sie nicht so toll zu sein scheint, wie ursprünglich gewünscht.

Vielleicht sehen Sie aber auch nichts Besonderes. Dann handelt es sich vielleicht um einen Menschen, der einfach noch zu jung ist für Tiefe. – Oder es liegt an Ihnen … (man kann nicht sehen, was man selbst nicht hat).

Der erste Grund, warum sich Beziehungsarbeit auch über eine längere Zeit hinweg lohnt, ist der Genuss von reifem Sex. Die Parallelität zu reifen Früchten können Sie sich selbst ausmalen. Die Stichworte sind: grün und sauer, süß und wohlig triefend …

Und dann – das ist der zweite Grund, warum Sexpraktiken nicht alles sind – ist Sex meist besser, wenn er in einer vertrauten Beziehung geschieht.

Die Entdeckung des Neuen an einem unbekannten Menschen mag seinen Reiz haben. Aber zumeist ist dieser Reiz spätestens weg, wenn der Orgasmus vorbei und der Schwanz schlaff ist. Die Lösung heißt dann, möglichst schnell vom anderen weg zu kommen. Je kürzer der Kontakt, desto geringer die Anstrengung. Aber erzählen Sie nicht, dass das wirklich schöner Sex ist. Es mag geil sein und den Druck ist man auch losgeworden und der eigene Marktwert ist bestätigt … Aber schöner Sex sieht anders aus. (Bitte verwechseln Sie nicht „schönen” mit „sauberem” Sex.)

Nun heißt das nicht, dass Sex in Partnerschaften besser ist. So wie eine Partnerschaft nicht einfach gut ist, so ist auch Sex nicht einfach gut. Hierin liegt vielleicht der Vorteil des kurzen, anonymen Sex: Sie können durchaus Glück haben und mal einen guten Griff machen, und jede Enttäuschung birgt die Hoffnung, dass es das nächste Mal besser werden kann.

Solch eine Hoffnung ist in einer Partnerschaft unangebracht. Da wird nichts einfach besser und mit Glück hat das alles nichts zu tun. Auch der vertraute, intensive Sex muss sich in einer Partnerschaft erarbeitet werden – aber dann ist er allemal besser als jeder One-Night-Stand.

Nicht nur, dass Sie Ihre Wünsche mitteilen oder mal was probieren können. Sie erleben auch Ihre Partnerschaft beim Sex. Also, wenn Sie Ihre Beziehung gestalten und sich Leidenschaft im Alltag erarbeiten, dann erleben Sie auch beim Sex etwas, von dem Sie beim „Sex und nur Sex” nur träumen können. Wenn Sie allerdings nicht bereit sind, an Ihrer Beziehung zu arbeiten, dann

  • suchen Sie weiter nach „dem Richtigen” / „der Richtigen” oder
  • suchen Sie Ihre Erfüllung woanders oder
  • bescheiden Sie Ihre Ansprüche und geben Sie sich mit dem zufrieden, was Sie haben.

Aber wie können Sie nun konkret an Ihrer Beziehung arbeiten und Ihre Partnerschaft glücklicher machen?

Einfach ist das nicht, weil ein Grundprinzip einem Erfolg entgegen steht, das uns zumeist überhaupt erst einmal in eine Partnerschaft geführt hat: Wir wollen, dass der / die andere uns glücklich macht. Und glauben Sie, auch Sie wünschen sich das!

Sicher gibt es eine Menge vernünftiger Gründe, um eine Partnerschaft zu beginnen und sie zu gestalten. Aber der eigentliche Antrieb in unserer Welt ist, dass wir endlich jemanden finden wollen, der / die uns glücklicht macht. Die zwangsläufige Schlussfolgerung bei Unzufriedenheit ist dann die, dass wir von dem / der anderen erwarten, dass er / sie sich ändert.

Übrigens gibt es hier einen kleinen Unterschied zwischen Männern und Frauen – zumeist jedenfalls: Männer geben die Hoffnung auf Änderung der Partnerin / des Partners schneller auf und sind daher auch schneller bereit, sich auf ein auswärtiges Abenteuer einzulassen (möglichst ohne die Konsequenz der Trennung). Frauen hingegen besitzen in diesem Punkt eine höhere Ausdauer. Sie wollen noch nach dreißig Ehejahren, dass sich der Mann nun endlich mal ändert und sie glücklich macht. Da das in aller Regel nicht passiert, trennen sie sich manchmal ja noch nach so langer Zeit.

Das erste und oberste Arbeitsprinzip für eine glückliche Partnerschaft ist, dass jeder / jede für sich die Verantwortung übernimmt. Sie sind ganz allein dafür verantwortlich, wie Sie Ihr Leben gestalten. Wir nennen das „Differenzierung in der Partnerschaft” und die ist nötig, damit die Leidenschaft nicht in der Hoffnung geopfert wird, der andere könnte für mich sorgen. Oder wollen Sie am Ende Ihres Lebens sagen: „Ich hätte ja gern …, wenn nur die anderen mitgemacht hätten!”?

Und dann gilt es natürlich auch Verantwortung für die Partnerschaft zu übernehmen: Sprechen Sie darüber, was Sie sich wünschen und was Sie wollen. Sie dürfen da auch nicht zu sehr auf die Bestätigung Ihres Partners / Ihrer Partnerin hoffen. Er / Sie findet das vielleicht nicht gut.

Aber Sie kommen nicht darum herum, dass Sie Ihre Bedürfnisse und Erwartungen sagen. Erst dann ist ein Kompromiss möglich – abgesehen davon, dass Ihr Partner / Ihre Partnerin vielleicht gar dasselbe möchte, es sich aber ebenso wenig traut zu sagen …

Für Männer ist es oftmals schwer, die eigenen Bedürfnisse zu spüren. Das liegt an der Art, wie Jungs in den Familien aufwachsen. Aber auch das gilt als Ausrede nicht. Sie müssen dann eben Ihre Bedürfnisse und Wünsche entdecken, quasi wie in einem Bergwerk ausgraben. Dafür braucht man manchmal professionelle Hilfe. Holen Sie sie sich!

Nehmen Sie sich Zeit für Ihre Mitteilungen aneinander. Also – ganz im Sinne der Selbstverantwortung – warten Sie nicht, bis Ihr Partner / Ihre Partnerin mit Ihnen sprechen will. Sonst kommen Ihre leidenschaftlichen Wünsche nicht ans Licht – weil Sie schweigen. Fangen Sie an und schaffen Sie Raum für Gespräche. Wenn Sie eine Anleitung brauchen, was Sie bei solcherlei „Zwiegesprächen” beachten müssen, dann lesen Sie bei Lukas Michael Möller nach (siehe „Weiterführende Literatur”).

Der dritte Arbeitspunkt für eine glückliche Partnerschaft ist, dass Sie die sexuelle Begegnung nicht zu alltäglich werden lassen. Der Hauptfeind der Leidenschaft ist die Selbstverständlichkeit. Das Beste also ist, Sie schlafen nicht mehr gemeinsam in einem Raum. Damit vermeiden Sie das allzu Selbstverständliche: Mal rübergreifen, ob sich da was regt, mal schnell ein Quicky zwischendurch. (Kann ja auch mal gut sein, aber dazu gibt es immer Gelegenheit. Sie sollte es aber halt nicht zu oft geben.)

Verabreden Sie sich zum Sex!
Ein Termin je Woche sollte mindestens vereinbart werden. Da kann sich dann immer noch anderes ergeben.

Die Verabredung zum Sex hat gleich mehrere Vorteile: Sie können sich vorbereiten (bei getrennten Schlafzimmern können Sie sich gleich noch verabreden, bei wem Sie sich treffen und wer den Raum vorbereitet). Und sie können noch weitergehende Verabredungen treffen. Etwa wer sich diesmal eher passiv, wer eher aktiv verhält. Oder Sie können sich zu Rollenspielen absprechen. Oder …

Und dann gilt auch keine Ausrede. Die Verabredung steht und Sie haben beide die Verpflichtung, nichts dazwischen kommen zu lassen.

Dies sind also schon einmal drei Tipps:

  • Handeln Sie eigenverantwortlich!
  • Sprechen Sie miteinander über Ihre Bedürfnisse!
  • Richten Sie sich nicht in Selbstverständlichkeiten ein!

Die ersten beiden Tipps sind für das Allgemeine, der andere für das Sexleben. Natürlich sind die ersten ebenso entscheidend für den Sex und der dritte spielt in die Beziehung hinein. Es geht letztlich immer um die Begegnung zweier Menschen, die sich innig und vertraut sein können – egal ob beim Sex oder anderswo.

Aber Tatsache ist, Sie müssen etwas tun, um wahrhaft leidenschaftlichen Sex zu erleben. Wenn Sie hierfür nicht mutig genug sind, dann

  • suchen Sie lieber weiter nach „dem Richtigen” / „der Richtigen” oder
  • suchen Sie Ihre Erfüllung woanders oder
  • bescheiden Sie endgültig Ihre Ansprüche und geben Sie sich mit dem zufrieden, was Sie haben.

Und zum Schluss:
Versuchen Sie es doch mal: Schauen Sie Ihrem Partner / Ihrer Partnerin während des Orgasmus in die Augen!

Dr. Matthias Stiehler

Weiterführende Literatur:

Michael Lukas Moeller: Die Wahrheit beginnt zu zweit. Das Paar im Gespräch. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1997

Michael Lukas Moeller: Worte der Liebe. Erotische Zwiegespräche. Reinbek bei Hamburg 1996

David Schnarch: Die Psychologie sexueller Leidenschaft. Stuttgart: Klett-Cotta 2006

Hans-Joachim Maaz: Die Liebesfalle. Spielregeln für eine neue Beziehungskultur. München: C.H. Beck Verlag 2007

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